top of page

wie die dünen sich im wind bewegen



13. Juni 2023. Ein Tag den wir nie wieder vergessen werden, verändert unser Leben für immer. Es ist der Tag, an dem wir das Startkapital für Romana Garden über das Crowdfunding zusammen haben. Der Tag, an dem uns die Nachricht erreicht, dass wir unseren Traum leben dürfen. Der Tag, an dem wir feiern, dass wir gemeinsam mit vielen Menschen, grosse Träume wahr werden lassen.


Es sind zwei Monate vergangen, seit dem wir das Geld empfangen haben. Und zwei Monate geschah scheinbar nichts. Weder auf Instagram, noch auf unserer Webseite noch sonst wo bewegte sich was. Gleichsam den still stehenden Dünen, wenn der Wind in der fern bleibt. Doch wie in der Sahara irgendwann der Wind die Dünen formt, so kommt auch bei uns irgendwann dieser Windstoss, der den Wandel bringt. Wir spüren bereits die ersten Brisen kommen.


M'Barek und ich sind nervös. Uns ist es enorm wichtig, dass wir diese Aufgabe richtig gut meistern. Denn gerade ein Garten-Paradies in der Wüste ist ein Hoffnungsträger, wie wir es in diesen Zeiten unbedingt brauchen. Eine solch grosse Aufgabe sind wir beide noch nie zuvor angetreten und es ist noch kein Stein gelegt, noch kein Pälmchen gepflanzt, doch die Hürden türmen sich wie die unendlich scheinenden Dünen vor uns auf.

Unsere Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, damit, wenn der Wind kommt, wir seine ganze Kraft nutzen können. Um Romana Garden zum blühen zu bringen.

Was ist also in den zwei Monaten geschehen?

Im Schnelldurchlauf: Wir haben die zu uns passende Rechtsform GmbH gewählt und gegründet, die Webseite auf Vordermann gebracht, Co-Kreationen für Retreats gebildet, den Transporter gekauft, das Grundstück gekauft, den Projektverlauf spezifiziert, die Bepflanzung-Strategie verfeinert, das Gebäude für die Akademie und Gäste geplant, uns auf Workaway angemeldet, und unzählige Gespräche mit den lokalen Behörden und Arbeitern geführt, die uns vor allem zu Beginn begleiten werden. Letzterer Punkt kostet uns zwar die meiste Zeit, hilft uns aber ungemein.



Marokko und die Geschäfte


Die Bürokratie und die Art und Weise in Marokko Geschäfte zu machen ist komplett komplementär zu allem, was ich aus der Schweiz kenne. So verhandelten wir zum Beispiel Wochen über den Preis des Grundstücks. Die meisten Ländereien wurden von der älteren Generation gekauft und nach deren Tod an die unzähligen Nachkommen weitervererbt. So verhandeln wir gleichzeitig mit drei Menschen. Und die sind entweder gerade nicht da, wollen noch mit dem Onkel beraten oder finden unser Angebot zu tief angesetzt. Nicht nur der Preis muss ermittelt werden. Das Land muss registriert werden und braucht dafür Stempel von hier und da. Diese Stempel dauern. Denn anders als bei uns, geschieht hier alles in Persona und nichts via Web. M'Barek verbringt die meiste Zeit damit, von Büro zu Büro zu rennen. Doch es lohnt sich! Wenn alles korrekt abgewickelt ist – und darauf schauen wir besonders – haben wir danach Ruhe. Mit dem Transporte verliefe es ähnlich und wir profitieren bereits jetzt davon, dass wir den gesamten Prozess feinsäuberlich und äusserst mühselig durchlaufen sind – mit dem Anhänger im Schlepptau werden wir des öfteren kontrolliert.


Wo ich anfänglich die marokkanische Art und Weise des Handels als anstrengend und unvorhersehbar abstempelte, lernte ich durch mein Leben in diesem Land auch die Schönheit dieser Lebensart zu schätzen. Denn für die ersten Arbeiten auf dem Land brauchen wir einen Haufen Baumaterial und die Hilfe vieler professioneller Bauarbeiter, weil das Crowdfunding-Geld dafür schlicht weg nicht reicht. So knüpft M'Barek Kontakte und sucht das direkte Gespräch mit den Menschen. Die meisten – oder gar alle, wenn ich mich nicht täusche – finden unser Vorhaben wunderbar und kommen uns extrem entgegen: Sie bieten uns gute Preise an, die Möglichkeit, monatlich abzubezahlen, oder die Materialien vorzuschiessen, bis wir Einnahmen generieren. Alles sehr sehr grosszügige Entgegenkommen, wenn man bedenkt wie schlecht situiert die meisten Menschen hier sind und das Geld wirklich dringend brauchen. Doch die Wertschätzung uns gegenüber, die sich für die Oase hier einsetzen und sich kümmern wollen, überwiegt dem Geld. Gerade mich, die ich aus einem sehr reichen Land komme, rührt es oft zu Tränen. Die Menschen hier inspirieren mich. Ich bin bereits jetzt schon viel grosszügiger und hilfsbereiter geworden, einfach weil ich den Wert dahinter sehe. Zusammenhalt. Verbindung. Gemeinschaft. Genau das wollen wir auch in Romana Garden kultivieren und um so mehr freut es mich, dass diese Werte hier bereits natürlich gelebt werden.


Und wie geht es nun weiter, nach dem all diese Verhandlungen langsam abgeschlossen werden? M'Barek und ich werden eine Woche auf dem Grundstück verbringen, um folgende Fragen zu beantworten: Wo verlaufen die Höhenlinien? Wie viele Swales werden es nun tatsächlich, 2 oder 3? Welche Bäume kommen an welchen Ort? Wohin kommt das Gebäude? Wo werden die Workaway-Menschen, die uns hoffentlich zahlreich zur Hilfe kommen, bleiben?


So viel wir auch berechnen und planen, uns auf den Wind vorbereiten, so sehr vertrauen wir auch auf das Überraschungsmoment des Windes, der uns den nötigen Auftrieb gibt und uns lang schweben lässt. Damit wir nicht nur die Region begrünen und die Einheimischen unterstützen, sondern dass wir auch einen Ort der Verbindung und des Friedens gestalteten könne, wo Menschen gerne hinkommen und mitwirken.


In dem Sinne: Auf einen schwungvollen Wind.

M'Barek + Jessica



bottom of page